Vereinsaktivitäten im Januar 2018

Materialbergung im Tiefbunker Hannover Ernst-August-Platz (Bahnhofsbunker)

Der Begriff „Bahnhofsbunker“ ist vielen Hannoveranern/innen bekannt und sorgt auch über die Stadtgrenzen hinweg stets für großes Interesse. Vermutlich liegt es auch daran, dass bisher nur wenige Personen einen Blick hinter die Schleusentüren dieser Anlage werfen konnten. Die Rede ist hier vom Tiefbunker unter dem Bahnhofsvorplatz, dem Ernst-August-Platz, in Hannover. Ursprünglich erstreckte sich dieser Tiefbunker über die gesamte Länge des Bahnhofsgebäudes unter dem Ernst-August-Platz. Im Zuge der Bauarbeiten zur U-Bahn-Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Kröpcke wurde der Tiefbunker mittig geteilt. Die heutige Niki-de-Saint-Phalle-Promenade (ehemals Passerelle, eine unterirdische Ladenstraße) führt direkt zwischen den beiden Bunkerhälften hindurch. Während die eine Hälfte des Bunkers für den Bevölkerungsschutz als „Zivilschutzanlage Hauptbahnhof“ instandgesetzt wurde, nutzte die Deutsche Bundesbahn die andere Hälfte zur Unterbringung von Betriebsräumen.

Doch leider sind auch die Tage dieser Zivilschutzanlage gezählt. Zurzeit findet der Entwidmungprozess statt, der mit der Aufhebung der Zivilschutzbindung abgeschlossen wird. Die Zivilschutzanlage wird vollständig ausgeräumt und soll dann der Eigentümerin, der Deutschen Bahn AG, zur weiteren Nutzung leer übergeben werden.

Im Tiefbunker ist noch viel originale Zivilschutzausstattung vorhanden, die im Zuge der Räumung unwiederbringlich entsorgt worden wäre. Daher haben wir bereits im Dezember damit begonnen, an mehreren Terminen die Ausstattungen und Einrichtungen zu sichten und zur Bergung vorzubereiten.

Zurück zum Bahnhofsbunker: Als Zivilschutzanlage bot dieser Tiefbunker 2.100 Schutzplätze für eine autarke Aufenthaltsdauer von 14 Tagen. Diese Anlage stellte damit die drittgrößte Zivilschutzanlage für 14tägigen Aufenthalt in Hannover dar – hinter dem mittlerweile abgerissenen Bunker am Herrenhäuser Markt (2.700 Schutzplätze) und dem Bunker Wallensteinstraße/Torstenssonstraße, dem Museumsbunker Hannover (2.400 Schutzplätze). Eine Besonderheit des „Bahnhofsbunkers“ ist jedoch, dass er tatsächlich genutzt wurde. So nutzten festsitzende Reisende im Jahr 2007 den Bahnhofsbunker als Unterkunft, als der Sturm „Kyrill“ über Niedersachsen wütete. Zur Fussball-Weltmeisterschaft bot der Bunker knapp 500 mexikanischen Fussballfans eine Übernachtungsmöglichkeit. Im Jahre 1989 wurde die Zivilschutzanlage mehrere Wochen genutzt, um DDR-Bürgern nach dem Mauerfall eine Unterkunft zu bieten. Bereits mehrere Male besuchten wir die Anlage im Rahmen von Dokumentationsarbeiten.

Schutzraumliegen und Sitzplätze in der Zivilschutzanlage Hauptbahnhof – unter dem Bahnhofsvorplatz.
Schutzraumliegen und Sitzplätze in der Zivilschutzanlage Hauptbahnhof – unter dem Bahnhofsvorplatz.
Schutzraum-Küche mit Durchreiche.
Schutzraum-Küche mit Durchreiche.

 

Besonders die Bergungsarbeiten der jeweils 200kg schweren R10-Raumfiltertonnen aus der Schutzluftanlage stellten uns vor besonderen Herausforderungen. Die R10-Filtertonnen mussten zunächst mit einem Kettenzug über ein Belüftungsrohr gehoben und dann liegend durch eine kleine Durchgangstür transportiert werden.

Um die etwa 200kg schweren R10-Raumfiltertonnen (Hersteller: Auer) aus der Belüftungsanlage zu bergen, mussten sie zunächst mit einem Kettenzug über eine Belüftungsleitung gehoben werden.
Um die etwa 200kg schweren R10-Raumfiltertonnen (Hersteller: Auer) aus der Belüftungsanlage zu bergen, mussten sie zunächst mit einem Kettenzug über eine Belüftungsleitung gehoben werden.
Geschafft! Die R10-Raumfilter stehen zur Abholung im NEA-Raum bereit.
Geschafft! Die R10-Raumfilter stehen zur Abholung im NEA-Raum bereit.

 

Weiterhin haben wir einen Türflügel der Dosierschleuse demontiert und zur Bergung vorbereitet. Damit sind wir in der Lage, einen fehlenden Türflügel im Museumsbunker Hannover originalgetreu zu ersetzen. Im Bahnhofsbunker wurden identische Dosierschleusen wie im Museumsbunker Hannover eingesetzt. Hier noch einige Impressionen von den Bergungsarbeiten:

Ein Türflügel der Dosierschleuse wird für den Abtransport vorbereitet.
Ein Türflügel der Dosierschleuse wird für den Abtransport vorbereitet.
Ein kleiner Teil der Zivilschutz-Ausstattung, die wir zum Abtransport bereit gelegt haben. Hier zu sehen sind z.B. Sammelbehälter für Entgiftungsmittel, Bergungstragetücher, Schutzmasken, Glasfläschchen uvm.
Ein kleiner Teil der Zivilschutz-Ausstattung, die wir zum Abtransport bereit gelegt haben. Hier zu sehen sind z.B. Sammelbehälter für Entgiftungsmittel, Bergungstragetücher, Schutzmasken, Glasfläschchen uvm.
Auch den äußeren Schleusenbereich nutzten wir zur Zwischenlagerung von Bergungsgut.
Auch den äußeren Schleusenbereich nutzten wir zur Zwischenlagerung von Bergungsgut.
Im Untergeschoss des Bahnhofsgebäudes weist dieses Schild auf den Zugang zur Zivilschutzanlage hin.
Im Untergeschoss des Bahnhofsgebäudes weist dieses Schild auf den Zugang zur Zivilschutzanlage hin.

 

Nach einigen Tagen Vorbereitung war es dann soweit: An einem Sonntag im Januar haben wir das gesamte Bergungsgut abtransportiert. Für diese Aufgabe haben wir uns ein geeignetes Transportfahrzeug gemietet und durften mit einer Sondergenehmigung den Bahnhofsvorplatz befahren. Das gesamte Bergungsgut wurde durch die Schleusen zunächst in die Niki-de-Saint-Phalle-Promenade und dann über die Treppen auf den Bahnhofsvorplatz zum LKW transportiert. Ein anstrengender Sonntag lag hinter uns – aber die Arbeit hat sich gelohnt. Wir konnten sehr viel Zivilschutz-Material bergen, mit dem wir fehlende Ausstattungen in unseren Vereinsanlagen originalgetreu ersetzen können. Dieses Material wäre sonst der sicheren Entsorgung zugeführt worden.

Unser Miet-LKW auf dem Bahnhofsvorplatz vor dem Hauptbahnhof Hannover – wir parken direkt auf dem Tiefbunker,
Unser Miet-LKW auf dem Bahnhofsvorplatz vor dem Hauptbahnhof Hannover – wir parken direkt auf dem Tiefbunker,
Geöffneter Zugang zur Zivilschutzanlage in der unterirdischen Ladenstraße, der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade, ehemals “Passerelle”.
Geöffneter Zugang zur Zivilschutzanlage in der unterirdischen Ladenstraße, der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade, ehemals “Passerelle”.
Nur dieses kleine unauffällige Hinweisschild weist auf die dahinterliegende Zivilschutzanlage hin.
Nur dieses kleine unauffällige Hinweisschild weist auf die dahinterliegende Zivilschutzanlage hin.
Mit vereinten Kräften wird der massive Stahl-Türflügel der Dosierschleuse in unseren LKW befördert.
Mit vereinten Kräften wird der massive Stahl-Türflügel der Dosierschleuse in unseren LKW befördert.

 

Mittlerweile ist es im Bahnhofsbunker leer geworden. Die Schutzraumliegen sind bereits demontiert und stehen zum Abtransport bereit. Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bei allen Personen und Stellen bedanken, die diese Materialbergung ermöglicht und damit unsere ehrenamtliche und gemeinnützige Vereinsarbeit unterstützt haben!

Nahezu vollständig demontiert: Nur noch einige vereinzelte Se-Bauteile weisen auf die ehemalige Schutzraumnutzung im Bahnhofsbunker hin. Im Hintergrund sind demontierte Schutzraumliegen zu sehen, die zum Abtransport bereit stehen.
Nahezu vollständig demontiert: Nur noch einige vereinzelte Se-Bauteile weisen auf die ehemalige Schutzraumnutzung im Bahnhofsbunker hin. Im Hintergrund sind demontierte Schutzraumliegen zu sehen, die zum Abtransport bereit stehen.
Auch dieser Bereich in der ehemaligen Zivilschutzanlage ist bereits vollständig geräumt.
Auch dieser Bereich in der ehemaligen Zivilschutzanlage ist bereits vollständig geräumt.

 

Unser aktuelles Titelbild

Unser aktuelles Titelbild auf der Startseite zeigt die innere Schleusentür der Schleuse 4 in der Zivilschutzanlage Hauptbahnhof (Bahnhofsbunker Hannover). In der dahinterliegenden Schleuse befindet sich eine Dekontaminationsdusche und die äußere Schleusentür. Durch diese Schleuse kann der Schutzraum von der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade aus betreten werden.