15.04.1969: Pressebericht – Allein im Riesenbunker

Pressebericht in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung: “Allein im Riesenbunker”

 

Das Foto zeigt den Bericht "Allein im Riesenbunker". Der Bericht ist am 15. April 1969 in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung erschienen. Er beinhaltet auch Informationen zum Schutzbau Wallensteinstraße - dem heutigen Museumsbunker Hannover.
Der Bericht “Allein im Riesenbunker” ist am 15. April 1969 in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung erschienen. Er beinhaltet auch Informationen zum Schutzbau Wallensteinstraße – dem heutigen Museumsbunker Hannover.

 

Allein im Riesenbunker

(Quelle: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 15.04.1969)

Maschinenmeister betreut ständig den Bau in Oberricklingen / Zivilschutz verwaltet Millionenwerte

Sie verwalten 67 Einsatzfahrzeuge, eine Ausrüstung für mehr als 2.000 Mann, Unterkünfte für annähernd 60.000 Personen und hoffen sehnlichst, daß sie nie im Leben ernsthaft davon Gebrauch machen müssen: In der Langensalzastraße 17 residiert das Amt 38 der Stadtverwaltung, das Amt für Zivilschutz, das bei zivilen oder auch militärischen Notfällen mit die Hauptlast der Rettungs- und Bergungsarbeiten tragen soll.

Das Zivilschutzgebiet Hannover geht an einigen Stellen erheblich über den eigentlichen Stadtbereich hinaus. Es umfaßt auch die Städte Langenhagen und Misburg sowie die Orte Ahlem, Anderten, Bemerode, Empelde, Hemmingen-Westerfeld, Letter, Velber, Vinnhorst und Wettbergen, also insgesamt einen Bezirk mit 700.000 Einwohnern.

Obwohl das Amt am liebsten niemals in einem Ernstfall in Aktion treten möchte, ist es für alle Notfälle gerüstet. Wie bereits ausführlich berichtet, besteht bei der Stadt ein umfangreicher Alarm- und Einsatzplan für Katastrophen, der sämtliche vorhandenen Hilfsorganisationen erfaßt.

Der Zivilschutz, der in solchen Fällen von der Feuerwehr, dem Technischen Hilfswerk, dem Roten Kreuz, den Johannitern und den Maltesern unterstützt wird, hat deshalb sein Arbeitsgebiet in folgende Bereiche unterteilt: Brandschutz, Bergung und Instandsetzung, ABC-Schutz, Sanitätswesen, Veterinärwesen, Betreuung, Fernmeldewesen und Unterstützung des Selbstschutzes. An eigenen Einheiten verfügt das Amt über eine 65 Mann starke Fernmeldegruppe (darunter sind auch Wehrpflichtige, da jeder, der sich für zehn Jahre für die Mitarbeit im Katastrophenschutz verpflichtet, vom Dienst mit der Waffe befreit werden kann) und einen ABC-Dienst von 70 Mann. Hinzu kommt ein Zug des Technischen Hilfswerkes, der gerade neu formiert wird und etwa 30 Mann umfaßt.

Außerdem sind innerhalb weniger Jahre vor allem im betrieblichen Selbstschutz – bei Firmen mit mehr als 15 Mitarbeitern – rund 5.000 Helfer ausgebildet worden. Das Amt 38 hofft, daß es bald mehr werden.

Ausrüstung für 2.000 Mann

Die Ausrüstung, die dem Amt zur Verfügung steht und vom Bund geliefert wird, ist imposant: In einer 1.000 Quadratmeter großen Halle am Stadtrand lagert das persönliche “Gepäck” für mehr als 2.000 Helfer, vom Eßbesteck über das Sanitätszelt und das Sauerstoffgerät bis zum Schutzhelm. Hinzu kommen Motorsägen, Krankenwagen, Beatmungsgeräte und Löschmaterial. All das kann im Notfall in wenigen Stunden an die Helfer verteilt werden.

Ähnlich vollgestopft sind zwei große Kraftfahrzeughallen in Linden. Hier stehen 18 Mannschaftstransportwagen für jeweils elfköpfige Gruppen. Entgiftungs- und Vorausentgiftungswagen, Funkkommandofahrzeuge und Sirenenanhänger, die auch als Lautsprecherwagen benutzt werden können. Die Fahrzeuge laufen zur Kontrolle jeden Monat rund 150 Kilometer und kommen so nie in Gefahr, zu verrotten. Noch stärker erprobt werden die zahlreichen Feuerlöschfahrzeuge des Amtes. Sie sind bei der Feuerwehr Hannover oder in den oben erwähnten Gemeinden stationiert und werden dort bei Bedarf eingesetzt. Ein kleiner finanzieller Überschlag: In der Halle am Stadtrand lagern einschließlich der Funkausrüstung Geräte für 4,5 Millionen Mark, die Fahrzeuge sind noch einmal 3 Millionen wert.

Damit sind die Aktivposten des Amtes 38 beileibe noch nicht erschöpft. Es besitzt zwei mustergültig eingerichtete Funk- und Fernmeldezentralen in der Altstadt und in Langenhagen, die jederzeit einsatzbereit sind. Außerdem verwaltet es die beiden instand gesetzten Bunker (“relativ atomsicher”) an der Wallensteinstraße und der Herrenhäuser Straße, die im Notfall 5.500 Personen Platz bieten, eigene Brunnen besitzen und für 30 Tage Aufenthalt geeignet sind.

Hannovers einsamster Job

Im Bunker Wallensteinstraße trafen wir den Mann mit dem wohl einsamsten Job in Hannover: Maschinenmeister XXXXXXX XXXXXXXXX hockt inmitten des mehr als 300 Räume umfassenden Labyrinths und wartet Maschinen, deren Energieleistung der eines U-Bootes gleichkommt. Damit keine Kinder in den riesigen Bunker klettern, arbeitet XXXXXXXXX hinter dreifachen Schotten, außerdem sind auch noch die Mauern 2,50 Meter dick. Mehrmals am Tage geht das Telefon als Verbindung zur Außenwelt; dann erkundigt sich ein Angestellter der Stadt, ob bei dem Mann im Bunker alles o.k. ist.

Neben den beiden Bunkern gibt es im Zivilschutzgebiet noch rund 40 Schutzbauten für kürzeren Aufenthalt mit mehr als 60.000 Plätzen. Diese Anlagen werden ständig vermehrt. Auch die Sirenen, über deren Erprobung wir kürzlich berichteten, zählen zu den Aktionen des Amtes 38.

Diese nur 19 Mitarbeiter starke Behörde spielt übrigens keineswegs Planspiele für den Kriegsfall durch. Zur Zeit ist man vielmehr emsig dabei, wirksame Maßnahmen gegen eine mögliche Hochwasserkatastrophe zu entwickeln.