21.03.1961: Baugutachten Hochbunker Wallensteinstraße

Baugutachten für die Wiederinstandsetzung des Hochbunkers Wallensteinstraße, Hannover.

Quelle: Landeshauptstadt Hannover, Amt für Zivilschutz, Akte 38-01, Mappe “D” / im Vereinsarchiv des Vorbei e.V.

 

Hinweis: Dieses Baugutachten wurde vier Jahre vor Beginn der Instandsetzungsarbeiten erstellt. Die Angaben zur Anzahl der Schutzplätze, zur Raumaufteilung sowie zu den technischen Einrichtungen unterscheiden sich stark vom tatsächlich umgesetzten Umfang.

 

Hannover, den 21. März 1961.

Bauordnungsamt
Dr. xxxx/xxxx

Baugutachten

Für die Wiederinstandsetzung des Hochbunkers Wallensteinstrasse, Hannover.

 

1)            Allgemeine Lage.

Der Bunker liegt in einem reinen Wohngebiet, das sich aus ein-, zwei- und dreigeschossigen Wohnhäusern, teils in offener (Süden), teils in geschlossener Bauweise zusammensetzt. Nördlich des Bunkers liegt ein Platz, an dem einmal wöchentlich Marktverkauf stattfindet. Daran grenzt westlich eine Kirche (Thomaskirche, ev.). Noch weiter westlich liegt die Sonderschule Pyrmonter Strasse. Östlich des Marktplatzes ist ein Kino. Zwischen Bunker und Marktplatz liegt die Wallensteinstrasse, eine breite Verkehrsstrasse mit Strassenbahn, die auf die Hamelner Chaussee mündet (B 217).

Die Wohnbevölkerung in der Zweiminutengrenze betrüge im Maximum, d.h. wenn Schule, Kirche und Kino gleichzeitig besucht sind, aber ohne Marktbesuch, ca. 2.600 Personen, ohne die vorerwähnten Gebäude, aber mit Marktbesuch ca. 1.900.

Der Bunker liegt mit der Längstseite an der Torstenssonstrasse. Vor der Querseite zur Wallensteinstrasse liegt noch ein eingeschossiger Ladentrakt in 5 m Abstand zum Bunker. Die vier Bunkereingänge sind von den genannten Strassen erreichbar. Von den vier Eingängen wird voraussichtlich der südöstliche trümmerfrei bleiben. Das Grundstück ist Eigentum der Hauptstadt Hannover. Die Grundstücksgrösse beträgt ca. 7.500 qm.

2)            Grundverhältnisse.

Die Fußbodenoberkante des nicht unterkellerten Bunkers liegt etwa 20 – 30 cm über Terrain; der Grundwasserstand liegt ca. 2,20 m unter Terrain (54,0 m NN).

3)            Wasserversorgung.

Der Bunker ist an das öffentliche Wasserleitungsnetz angeschlossen. Eine eigene Brunnenanlage ist nicht vorhanden. Für eine zusätzliche Wasserversorgung bei Ausfall der öffentlichen Leitung wäre außerhalb des Bunkers ein Brunnen, ausreichend für 1.000 Personen, zu bohren und die Zuleitung in das Bauwerk einzuführen. Ausserdem ist ein Wasservorratsbehälter einzubauen.

4)            Abwasserbeseitigung und sanitäre Anlagen.

Die Entwässerung des Bunkers ist an die öffentliche Kanalisation angeschlossen. Notwendig ist der Einbau von 40 Abortsitzen, 20 m Standrinne oder 20 Urinalbecken und 20 Waschbecken, einschliesslich Anschluss an die Wasserleitung und an die Abwasserleitung. Für die Wasseraufbereitung und Pumpen ist ein Raum von ca. 15 qm notwendig.

5)            Energieversorgung.

Die Versorgung mit elektrischen Strom (Stark- und Schwachstrom) erfolgt durch Anschluss an das Strassenkabel. Die gesamte innere Elteinrichtung mit Feuchtraumkabel fehlt und muss neu angelegt werden. Zusätzlich muss eine batteriegespeiste Notbeleuchtung oder ein entsprechendes Dieselaggregat geschaffen werden. Weiterhin ist ein Fernsprechanschluss zu schaffen, gegebenenfalls auch eine Sprechfunkanlage. Die Geräte sollen in den beiden Aufsichtsräumen aufgestellt werden. Für die Netzersatzanlage soll ein Raum von 16 qm eingerichtet werden.

6)            Heizung, Lüftung und Küche.

Von der ursprünglichen Heizung und Lüftung (Warmluftheizung) sind nur noch Einzelteile der Lüftungsrohre vorhanden. Der Einbau einer neuen Heizung im Erdgeschoss mit Ölfeuerung ist daher notwendig. Der Ölvorratsraum (Ölundurchlässig) muss 16,5 cbm Inhalt haben.

Eine Belüftungsanlage einschliesslich der Grobsandfilter muss neu erstellt werden. Für die Anlage sollen 2 Räume von je 16 qm zur Verfügung stehen.

Eine Küche auf einer Grundfläche von 25 qm mit zwei Kochkesseln (je 200 l Inhalt) muss geschaffen werden. Für die Lebensmittellagerung ist eine Grundfläche von 60 qm notwendig.

7)            Vorhandene Gebäude und Anlagen.

Das Grundstück ist mit dem viergeschossigen Bunker bebaut. Alle Geschosse liegen über dem Terrain, das Erdgeschoss etwa 20 – 30 cm. Ausserdem sind nördlich des Bunkers in einem Abstand von 5 m die bereits erwähnten fünf eingeschossigen Ladenbauten auf dem gleichen Grundstück errichtet. Das Grundstück wird auf der Nordseite von der Wallensteinstrasse und auf der Westseite von der Torstenssonstrasse begrenzt und hat auf der Ostseite einen 5,5 m breiten Zugang, und nur zur Gredelfeldstrasse (siehe Nr. 6). Die beiden Dehnungsfugen sind wasserdurchlässig und haben im Inneren Spuren von Wasser und Teer verursacht. Sie sind mit Zement auszupressen.

Die Wand- und Deckenstärken betragen:

Umfassungswände 2,50 m
Decke 2,00 – 2,50 m
Sohle 1,80 – 2,00 m
Zwischendecken 0,20 m
Eingangsschutzwände 2,50 m

Der Bunker ist in kubischer oder Braunschweiger Bewehrung etwa 1945 erbaut. Die damals verwendete Betongüte entspricht dem Beton B 300.

Für die vier Eingänge sind gasdichte Schiebedrucktüren gemäss den „Richtlinien für Abschlüsse von Schutzraumbauten“ einzubauen (maschinell und von Hand betrieben). Die 150 vorhandenen Öffnungen für natürliche Belüftung müssen druckstosssicher geschlossen werden.

Sämtliche Türen im Inneren fehlen und müssen neu beschafft werden.

Alle nachträglichen Einbauten von leichten Wänden sind zu entfernen.

Sämtliche Räume sind zu streichen (wischfeste Farben) und mit Bezeichnungen und Richtungsweisern, gegebenenfalls auch Leuchtfarben zu versehen. Übersichtstafeln, besonders in den Maschinenräumen für die Leitungen, Schieber und Pumpen sind anzubringen.

Werkzeugschränke mit Werkzeug sind aufzustellen.

Für 700 Personen sind Sitzbänke mit Lehnen und für 300 Personen Liegen aufzustellen (fest verschraubt).

Im Zuge der Instandsetzungsarbeiten wäre aus gestalterischen Gründen auch das Äussere des Bunkers zu verbessern, das mit der verwitterten Zementfarbe – durch Wasserschäden verunstaltet – unschön zwischen den seit dem Kriege errichteten Neubauten steht. Als Mindestes ist ein Anstrich zu fordern.

8)            Raumbedarfsplan.

Mit der alten Belegung war die Unterbringung von etwa 1.000 Personen vorgesehen.

Der gesamte umbaute Raum beträgt ca. 15.500 cbm
der gesamte Luftraum beträgt ca. 5.000 cbm
die gesamte nutzbare Fläche beträgt ca. 2.100 qm

Diese wird aufgeteilt in

a) Betriebsräume (Heizung usw.) 240 qm
b) Toiletten, Waschräume 100 qm
c) Treppen und Flure 360 qm
d) Schutzraumnutzfläche 400 qm
2.100 qm

Diese Angaben wurden nach Aufmaßplänen des heutigen Standes ermittelt. Die Angaben in der Übersicht A über die Instandsetzung vorhandener Schutzbunker (Regierungspräsident) mit 679 qm Gesamtgrundfläche aller Stockwerke ohne Treppen und Aufzüge sind danach unzutreffend.

Da durch die Türöffnungen einerseits und durch die Kürze der Warnzeit von zwei Minuten andererseits die aufzunehmende Personenzahl begrenzt ist, wird die Ausbaustufe II für 1.000 Personen angenommen, der auch die Bauweise und Konstruktion des Bunkers entspricht.

(Erläuterung: Der Bunker hat vier Eingänge a 1,60 m, zusammen 6,40 m Breite. Auf 1 m Breite gehen nach Prof. Neuffer in 1 Sekunde 1,25 Personen durch die Türe, also können in einer Minute 420 Personen in den Bunker gelangen. Bei zwei Minuten Warnzeit müssen eine Minute für Anmarsch bis zum Bunker und eine Minute zur Füllung des Bunkers gerechnet werden).

Der Bunker eignet sich nach den gemachten Angaben für eine Instandsetzung und wird dann der Ausbaustufe II entsprechen, die gegen Sprengkörper mit 250 kg Ladungsgewicht bezw. gegen einen Überdruck von 6 Atü schützt.

Da die Nutzraumfläche des Bunkers etwa für 2.500 – 3.000 Personen Platz bietet, die Ausbaustufe II aber nur für 1.000 Personen gilt, werden etwa 2 Geschosse des viergeschossigen Bunkers für andere Zwecke (Lagerung wichtiger Güter oder dergl.) zur Verfügung stehen.

 

                                                                                                                                              Unterschrift
städt.Baurat

 

Die Abbildung zeigt die Seite 1 des drei Seiten umfassenden Baugutachtens des Hochbunkers in der Wallensteinstraße vom 21.03.1961. (Quelle: Landeshauptstadt Hannover, Akte 38-01, Mappe "D" / im Vereinsarchiv des Vorbei e.V.)
Seite 1 des drei Seiten umfassenden Baugutachtens vom 21.03.1961. (Quelle: Landeshauptstadt Hannover, Akte 38-01, Mappe “D” / im Vereinsarchiv des Vorbei e.V.)